Der Sportwagen, das fahrgerechte Automobil, ist eine klassische Aufgabe für den Automobilkonstrukteur. Immer wieder waren es Sportwagen, die Meilensteine setzten und die Entwicklung vorantrieben. In ganz besonderem Maße gilt dies für den ersten Porsche, den Typ 356. Erstmals entstand ein Sportwagen, bei dem Funktionalität mit einem Optimum an Wirtschaftlichkeit und Alltagstauglichkeit verbunden wurde. Hohe Fahrleistungen bei niedrigem Verbrauch, guter Fahrkomfort, geringer Aufwand für Wartung und Reparaturen, Zuverlässigkeit und lange Lebensdauer waren das Erfolgsgeheimnis des Typs 356.
Die heutigen Heckmotor-Sportwagen von Porsche gehören nach wie vor zu den wirtschaftlichsten und zuverlässigsten Sportwagen. Jedoch sorgten die wachsenden Ansprüche der Fahrer dafür, dass diese Autos eine kaum noch zu übertreffende Perfektion erreichten und in immer höhere Leistungs- und Preisbereiche vorstießen. Bei Porsche behielt man darum stets auch die Möglichkeit im Auge, durch mehr Großseriennähe den Anschaffungspreis zu senken und trotzdem hohen Anforderungen an die Funktionalität eines Sportwagens gerecht zu werden. Der zweisitzige Mittelmotor- Sportwagen VW- Porsche Typ 914 war das erste Resultat dieser Überlegungen. Schon in die Zeit seiner Entstehung fielen die Vorstudien für einen geräumigeren, mehr dem Typ 356 entsprechenden Wagen. Der Konstruktion wurden die Qualitätsmaßstäbe des Hauses Porsche zugrundegelegt. Zugleich wurde angestrebt, durch Verwendung ausgesuchter Großserienteile die Fertigung zu rationalisieren und den Herstellungspreis zu senken. Unter der Typbezeichnung Porsche 924 geht dieser Wagen nun in die Serienproduktion. Als echtes Porsche- Produkt wird er im Auftrag von Porsche im VW- Werk Neckarsulm gebaut und wie die übrigen Porsche- Modelle über die Porsche- Händlerorganisation, die bekanntlich zum Großteil aus VW / Audi Händlern besteht, vertrieben. In seiner rationellen Konstruktion ebenso wie in der Wirtschaftlichkeit tritt der 924 das Erbe des unvergessenen Porsche 356 an. Zukunftssicher konstruiert, allen Forderungen der Sicherheit und des Umweltschutzes angepasst, vertritt auch dieser Porsche die klassische Sportwagen- Idee, dem Fahrer ein optimales Instrument in die Hand zu geben.
Konzeption: Kennwort Transaxle
Bei den ersten Porsche- Sportwagen ergab sich durch die Verwandtschaft mit dem Volkswagen zwangsläufig die Bauweise mit Heckmotor und Luftkühlung. Dieses Konzept wurde zum Markenzeichen einer ganzen Generation von Porsche- Wagen.
Schon frühzeitig wurden bei Porsche jedoch auch andere Lösungen erprobt. Beim reinen Rennfahrzeug trat an die Stelle des Heckmotors der Mittelmotor, den Professor Ferdinand Porsche schon bei den legendären Auto Union- Rennwagen der Vorkriegszeit erfolgreich angewandt hatte. Die Übertragung dieses Prinzips auf den Straßensportwagen praktizierte Porsche mit dem Typ 914.
Dabei war man sich über einen Nachteil dieser sehr fahrbetonten Bauweise klar: Der Innenraum wurde stark eingeschränkt. Raumansprüche, die über den reinen Zweisitzer hinausgehen, lassen sich mit dem Mittelmotorkonzept nur schwer verwirklichen.
Die Absicht, wie beim Typ 356 zwei hintere Sitze zu bieten und außerdem die Gepäckunterbringung zu verbessern, führte zwangsläufig zu der Überlegung, den Motor nach vorn zu verlegen. Für den Antrieb boten sich dann zwei Möglichkeiten: Frontantrieb oder Hinterradantrieb. Der Frontantrieb scheidet nach Porsche- Auffassung für den echten Sportwagen aus, weil er dem Fahrer nicht die Möglichkeit bietet, das Fahrverhalten des Wagens gleichzeitig an den Vorderrädern (durch Lenken) und an den Hinterrädern (durch Dosieren des Schubs mit dem Gaspedal) zu beeinflussen. Eine optimale Beherrschbarkeit im Kurvengrenzbereich erfordert Kraftübertragung auf die Fahrbahn über die Hinterräder.
Der im Automobilbau weitverbreitete „Standardantrieb“ mit vorn liegender Motor- Getriebe- Einheit, Kardanwelle und angetriebener Hinterachse hat den Nachteil, dass die Belastung der nicht angetriebenen Vorderräder prozentual größer ist als die der angetriebenen Hinterräder. Das führt häufig zum Durchdrehen von Antriebsrädern – eine beim funktionellen Sportwagen nicht erwünschte Erscheinung.
Zur Vermeidung dieses Nachteils bietet sich die Möglichkeit an, den Motor vorn und das Getriebe an der Hinterachse zu platzieren. Dadurch lässt sich eine ausgeglichene Gewichtsverteilung erreichen.
Diese Lösung ist im Automobilbau seit langem bekannt und wurde beispielsweise von Professor Porsche schon in dem von ihm konstruierten Mercedes- Grand- Prix Wagen der dreißiger Jahre angewandt. Weil technisch aufwendig, blieb sie jedoch wenigen anspruchsvoll konstruierten Wagen vorbehalten. Für Sportwagen ist sie besonders gut geeignet, weil hier der zwischen dem Frontmotor und der angetriebenen Hinterachse zu überbrückende Abstand wegen des relativ kurzen Innenraums kleiner ist als bei einer großräumigen Limousine. Diese günstigen Voraussetzungen ließen es zu, beim Porsche 924 einen speziellen Kunstgriff anzuwenden: das sogenannte Transaxle- Prinzip mit starrer Verbindung zwischen Motor und Getriebe. Ein kräftiges zentrales Rohr ist durch Flansche vorn mit dem Kupplungsgehäuse des Motors und hinten mit dem Getriebe- Differentialgehäuse verschraubt, so dass eine biege- und verwindungssteife Einheit entsteht. Zur Aufhängung in der selbsttragenden Karosserie dienen zwei Lager vorn am Motor und zwei weitere hinten am Antrieb. Der dadurch gegebene weite Lagerabstand bietet günstige Bedingungen für die Abschirmung der Motor- Vibrationen vom Innenraum. Eine Kardanwelle ist nicht notwendig: Es genügt eine mit 20 mm Durchmesser relativ dünne, drehelastische Antriebswelle, die im Verbindungsrohr vierfach gelagert ist.
Als die Wagenmitte umgreifende Motor- Getriebe Einheit hat das Transaxle- System hinsichtlich der Fahrdynamik ähnliche Vorteile aufzuweisen wie der Mittelmotor, wobei die vom Mittelpunkt etwas stärker abgerückten, gleichmäßiger verteilten Massen noch ein leichtes Plus für die Trägheit des Wagens um die Hochachse (Richtungsstabilität) mit sich bringen. Auch ein Sicherheitsvorteil ist mit dem Transaxle- System verbunden: Bei Kollisionen wirken auf den Motor ausgeübte Aufprallkräfte nicht auf die Fahrgastzelle, sondern auf die Hinterachse, wo sie für die Insassen keine zusätzliche Gefährdung herbeiführen können.
Motor und Fahrwerk:Rationelle Konstruktion
Beim Antriebsaggregat des 924 griff Porsche nach dem Vorbild des Typs 356 so weit wie möglich auf Großserienteile zurück. Neben der Senkung des Herstellungspreises ergibt sich dadurch für den Kunden auch der Vorteil vereinfachter Wartung und Reparatur sowie schnellerer Ersatzteilversorgung.
Der wassergekühlte Zweiliter- Vier- Zylindermotor mit zahnriemengetriebener obenliegender Nockenwelle wurde aus dem neuen 2l- Motor des VW- Konzerns entwickelt. Eine K- Jetronic- Benzineinspritzung, eine spezielle Doppelrohr- Abgasanlage und ein Verdichtungsverhältnis von 9,3:1 sorgen für sportliches Leistungsniveau und hohes Durchzugsvermögen. Bei 5.800 U/min erreicht der Motor seine Nennleistung von 125 PS (92 kW), die Höchstdrehzahl beträgt 6.500 U/min. Ebenso ansehnlich ist seine Kraftentwicklung bei niedrigen und mittleren Drehzahlen: Das maximale Drehmoment von 16,8 kpm (165 Nm)wird bereits bei 3.500 U/m in erreicht und bleibt über einen großen Drehzahlbereich hinweg fast unverändert.
Das Kühlsystem wurde mit einem raumsparend gebauten Hochleistungs-Wasserkühler den besonderen Anforderungen des Sportwagenbetriebes angepasst, die Abgasanlage ist schwingungsarm am Transaxle- Rohr und am Achsantrieb montiert. Auch für die Schaltung ergaben sich Vorteile aus der Transaxle Konzeption: Schaltgestänge und Schalthebel liegen ohne zusätzliche Gelenke auf dem zentralen Rohr, so dass sich eine direkte, spielfreie Schaltübertragung realisieren ließ. Kupplung und Getriebe sind für Reparaturen durch Lösen der Flansch-Schrauben gut erreichbar. Das System als Ganzes, aber auch der Motor und die übrigen Aggregate einzeln sind leicht ausbau- und austauschbar. Statt des Vierganggetriebes kann ab Herbst 1976 auch eine Vollautomatik (Audi/VW) eingebaut werden.
Das Fahrwerk des 924 ist weitgehend wartungsfrei, ein Motor- Ölwechsel ist alle 10.000 km erforderlich, Inspektion alle 20.000 km. Vom mit dem Getriebe verblockten Differential wird die Antriebskraft über Doppelgelenkwellen auf die Hinterräder übertragen. Optimale Radführungs- und Federungseigenschaften garantiert die Schräglenker Hinterachse. Zur Lagerung der Schräglenker dient ein stabiles Querrohr, das die Hinterachse als selbständiges Bauteil von der Karosserie trennt und die querliegende Feder- Drehstäbe aufnimmt. Die Vorderräder des 924 sind an Querlenkern mit McPherson Federbeinen (integrierte Stoßdämpfer und Schraubenfedern) aufgehängt. Querstabilisatoren und verstärkte Dämpfer (Bilstein) sind ein Bestandteil des Sportpaketes, durch das die Fahrwerksabstimmung sportlichen Zwecken angepasst werden kann. Im Rahmen des Sportpaketes, aber auch für sich lieferbar sind Alu- Sportfelgen der Größe 6 J x 14 (Serie 5 1/2 J x 14) und Reifen der Größe 185/70 HR 14 (Serie 165 HR 14). Auf Handlichkeit, guten Fahrbahnkontakt und leichte Betätigung ist die Zahnstangenlenkung des 924 angelegt. Die Diagonal- Zweikreisbremsanlage (vorn Schwimmsattel- Scheibenbremsen) erhielt zur Minderung der Betätigungskräfte einen Bremskraftverstärker. Die zuverlässige Handbremse wirkt mechanisch auf die Trommelbremsen an der Hinterachse.
Karosserie: Komfort als Funktion
Soll ein Sportwagen den Anspruch erfüllen, die funktionellste Form des Automobils darzustellen, dann müssen Karosserie und Ausstattung diesem Gesichtspunkt besonders gerecht werden. Das bedeutet aber nicht, dass das Design eine Nebenrolle spielt. Im Gegenteil: für das Porsche- Styling ist seit jeher die Tatsache charakteristisch, dass Form und Zweck auf einen Nenner gebracht werden – mit dem Ziel, in beiden Punkten optimale Ergebnisse zu erreichen. Zu den wichtigsten Grundforderungen an die Sportwagenform gehört der geringe Luftwiderstand. Bei Geschwindigkeiten ab ca. 100 km/h ist die Karosserieform mitentscheidend für den Kraftstoffverbrauch und für die Fahrleistungen. Da man bei Sportwagen mit einer geringen Stirnfläche (F) auskommt, kann er bei günstigem Luftwiderstandsbeiwert (cw) im Luftwiderstand (cw x F) und damit im Verbrauch deutlich unter den Werten entsprechender Limousinen liegen. Zugleich erreicht er bei gleicher Motorleistung höhere Fahrleistungen.
Die Karosserie des 924 wurde auf diese Forderungen hin entworfen, erfüllt jedoch noch eine ganze Anzahl weiterer Bedingungen. Unfallsichere Struktur ist nicht nur eine Angelegenheit von Vorschriften, sondern gehört zu den Gewissensangelegenheiten der Porsche- Ingenieure, denen in Weissach modernste Anlagen zur Sicherheitsforschung zur Verfügung stehen. Hinzu kommen praktische Anforderungen: hoher Sitz- und Bedienungskomfort, gute Sicht- und Einstiegverhältnisse, günstige Gepäckunterbringung. Dass Komfort bei Sportwagen nichts zu suchen hat – diese Auffassung gehört nicht zuletzt durch Porsche Pionierleistungen der Vergangenheit an. Wer heute an der Zukunft des Sportwagens Zweifel anmelden will, der übersieht, dass das funktionelle Automobil außer durch hohe Fahrleistungen durch ein Optimum an Komfort, Handlichkeit und Übersichtlichkeit gekennzeichnet und daher jeder denkbaren Fahrsituation angepasst ist.
Im 924 kann man sich wohlfühlen, auch wenn man in einer Stauung steht oder zu längerer Kolonnenfahrt verurteilt ist. Dafür sorgen die körpergerechten, mit atmungsfähiger Polsterung versehenen Sitze, die zahlreichen Einstellmöglichkeiten von Heizung und Belüftung, die günstig angeordneten Schalter und Hebel, die leicht ablesbaren Instrumente. Eine höchsten Ansprüchen gerecht werdende Dreilautsprecher- Anlage ermöglicht es, die hohe Leistung des auf Wunsch eingebauten Stereo-Kassettenradios voll auszunutzen.
Der große Kofferraum ist durch die bei Entriegelung automatisch nach oben klappende Heckscheibe leicht zugänglich. Zusätzlicher Stau- und Ablageraum entsteht durch Vorklappen der Rücksitzlehnen. Die Sitzpositionen von Fahrer und Beifahrer ermöglichen ein optimal entspanntes Sitzen, während die Rücksitze als Not- und Kindersitze so ausgelegt wurden, dass eine Besetzung des Wagens mit vier Personen möglich ist.
Die komplette Ausstattung des 924 macht im Normalfall Ergänzungen unnötig. Als wichtigste Extras sind neben dem Radio die wirtschaftlich arbeitende Klimaanlage und das abnehmbare Dachteil zu nennen, dass – in eine Tasche verpackt – im Kofferraum rutschsicher untergebracht werden kann.
Seine besonderen stilistischen Akzente erhält der 924 durch den glattflächigen Bug mit Klappscheinwerfern (elektrischer Antrieb), integrierter Stoßstange und unauffällig angeordnetem Kühllufteinlass, durch die geschwungene Seitenlinie und das großflächige, seitlich herumgezogene Heckfenster.
Fahren im 924: Souveränität und Mühelosigkeit
Die sorgfältige aerodynamische Durchbildung der Karosserie macht sich nicht nur durch geringen Luftwiderstand, sondern auch durch geringes Windgeräusch bei hohem Tempo bemerkbar. Die Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h und die guten Beschleunigungsleistungen auch im oberen Geschwindigkeitsbereich – der dritte Gang reicht bis 150 km/h – machen deutlich, dass zeitsparendes, ermüdungsfreies Langstreckenfahren zu den besonderen Vorzügen des 924 gehört. Gute Motor- Geräuschdämpfung, sicherer Geradeauslauf und ausgezeichneter Federungskomfort tragen dazu Wesentliches bei. Dass ein Sportwagen konkrete Vorzüge hat, zeigt sich beim Tanken: Die normalen Verbrauchswerte des 924 liegen bei 10 Liter/100 km.
Die Transaxle- Konzeption bietet nicht nur den Vorzug günstiger Belastung der angetriebenen Hinterräder, sondern garantiert auch dafür, dass die Gewichtsverteilung (leichtes Mehrgewicht auf den Hinterrädern) bei unterschiedlicher Auslastung des Wagens im Prinzip unverändert bleibt. Es gibt darum auch keine Veränderungen des Fahrverhaltens: Bei jeder Belastung bleibt der 924 richtungsstabil und im Kurvenverhalten neutral. Im Kurven-Grenzbereich ist der Übergang vom spurgenauen Fahren zum gleichmäßigen Driftzustand fließend, das Fahrzeug bleibt voll lenkbar und kann problemlos unter Kontrolle gehalten werden.
Das Fahren auf kurvenreichen Straßen und im Stadtverkehr ist durch Mühelosigkeit gekennzeichnet: Die leichtgängige und dennoch sportlich- direkte Lenkung lässt es zu, das Fahrzeug mit geringen Lenkradausschlägen und ohne großen Kraftaufwand zu beherrschen. Die schluckfähige Federung und die Platzierung von Fahrer und Beifahrer im bestgefederten Bereich zwischen den Achsen lassen auch auf unebener Bahn keine Komfort-Beeinträchtigung aufkommen.
Der Sinn dieser Vorkehrungen liegt nicht nur in der Annehmlichkeit des Fahrens, sondern auch in der Entlastung des Fahrers: Er kann seine volle Aufmerksamkeit auf die Fahrsituation und die Verkehrslage konzentrieren, deren souveränes Meistern für ihn eine reizvolle Aufgabe im Sinne des fairen und sportlichen Fahrens darstellt. Hierfür mit rationellen Mitteln alle Voraussetzungen zu schaffen, war das Ziel, das Porsche mit der Konstruktion des 924 angestrebt hat.